Demut, Geduld und Vertrauen – ein Leben im Verborgenen

Nun endlich der zweite Teil meiner Mini-Serie zum Thema #Ultraschall. Den ersten Teil findet ihr hier: Über Abhängigkeiten – „Jetzt wollen wir mal schauen, wie es Ihrem Kind geht.“  

Wieder schnurstracks im Netz von Ultraschall, Sicherheit und Abhängigkeit verheddert

Man könnte jetzt ja meinen, dass ich durch meine Erfahrung aus der ersten Schwangerschaft schlauer geworden bin; mich den emotionalen Fängen des Ultraschalls nicht mehr so aussetzen würde, die mich so negativ belastet haben. Ich muss euch gestehen: leider NEIN :-/ . Auch zu Beginn meiner zweiten Schwangerschaft mit BusyBee war ich emotional noch immer im Netz von Ultraschall, Sicherheit und Abhängigkeit gefangen. Ich begab mich schnurstracks, ohne groß darüber nachzudenken, wieder in dieselbe Lage, aber BusyBee hatte einen anderen Plan und lehrte mich – manchmal auch auf die harte Tour – Demut, Geduld und Vertrauen. Ich bin ihr unendlich dankbar für diese Lektion des Lebens.

Blutungen in der Frühschwangerschaft

Ich hatte mich also nach der ersten wirklich traumatischen Geburt endlich getraut wieder schwanger zu werden. Mein Nervenkostüm war aber noch alles andere als durabel; das des Herzensmannes ebenfalls. Ängste dominierten noch unsere Gedankenwelt – Risiken und Gefahren wurden von uns fokussiert. Die positiven Ansätze aus dem Hypnobirthing, wie man mit seinen Befürchtungen und Ängsten konstruktiv umzugehen kann, kannten wir zu dem Zeitpunkt leider noch nicht. Deshalb verunsicherten uns meine Blutungen in der Frühschwangerschaft umso mehr. Sie waren nur schwach, aber sie waren da und schürten unsere Ängste, trieben uns immer wieder zur Abklärung zum Ultraschall – mitunter auch ins Krankenhaus, als die Praxis meiner Frauenärztin nicht geöffnet hatte. Ich glaubte, ich tat das einzig verantwortlich Richtige, glaubte an den Rat eines Fachbuches, der besagt:

„Eine in der Frühschwangerschaft auftretende Blutung erfordert immer eine genaue Abklärung {…}“*

*Regan, Lesley: Meine Schwangerschaft – Woche für Woche; München, 2009, 9. Aufl., S.103

Abklärung statt Aufklärung

Also rannte ich kopflos von einer Ultraschalluntersuchung zur nächsten – immer wenn die Blutungen wieder etwas mehr wurden. Getrieben von Angst um mein Kind und von dem Gedanken, dass ich ja die verdammte Pflicht habe, dies zu tun. Abklärung sollte Abhilfe schaffen. Ich sah bei jedem Ultraschall das schlagende Herz meines Babys. Alle Ärzte gratulierten mir dazu, wünschten mir weiter eine schöne Schwangerschaft, ermahnten mich aber gleichzeitig, bei weiteren Blutungen, bitte wieder umgehend eine Abklärung per Ultraschall machen zu lassen. Sicher ist sicher. Das pochende Herzchen vor Augen ging ich vorerst erleichtert nach Hause. Bis, ja bis die Blutung sich wieder verstärkte. Dann begann das ganze Spielchen von vorne: Angst und Sorge trieb mich zum Arzt, der klärte ab, sagte alles wäre ok und ich ging wieder nach Hause – vorübergehend beruhigt. Eine Erklärung, oder gar eine Aufklärung über die Häufigkeit dieser Blutungen erhielt ich nie. Niemand erklärte mir, dass es sich meist um harmlose Blutungen handelte, die in seltensten Fällen auf eine drohende Fehlgeburt hindeuten. Es hätte mich beruhigt, ich wäre gelassener gewesen, ich hätte es als etwas NORMALES ansehen können. DAS hätte mich beruhigt – langfristig!

„In der Frühschwangerschaft hat eine von fünf Frauen mit Schmierblutungen zu tun. Schmerzlose, leichte Blutungen sind meist harmlos. {…} Diese Blutungen verschwinden bis zur 12., spätestens aber in der 16. Schwangerschaftswoche {…}.“*

*Schmid, Sarah: Alleingeburt – Schwangerschaft und Geburt in Eigenregie; Salzburg, 2014, S.68.

Aktion und Reaktion

Als ich endlich meine Hebamme hatte, sprach ich auch mit ihr über diese belastende Situation mit den immer wiederkehrenden Blutungen – schwächer, etwas mehr, wieder schwächer, dann mehr. Dieses Auf und Ab trieb mich langsam aber sicher in den Wahnsinn! Die Hebamme erklärte mir zuerst, dass es gar nicht so selten passiert. Zentner der Last fielen förmlich von meinen Schultern, ich konnte seit Wochen das erste Mal wieder richtig befreit durchatmen. Wieso hat mir das vorher niemand gesagt? Hielt es niemand für nötig mich zu informieren? Aber warum? Es wäre doch so einfach gewesen: ERKLÄREN statt ABKLÄREN! Dann fragte sie mich, ob ich denn ein „Muster“ erkennen könne bei den schwankenden Blutungen. Ich war zuerst verwirrt.

Dann sagte ich ihr: „Meist wird die Blutung wieder stärker, wenn ich es gerade per Ultraschall habe abklären lassen. Ironie des Schicksals. Also renne ich sofort wieder hin, wie sie mir geraten haben…“ 🙁

Sie lächelte mich an, neigte ihren Kopf und sagte zu mir einen Satz, den ich nie vergessen werde – der Alles veränderte: „Hast du dich mal gefragt, ob der Vaginalultraschall vielleicht auch die Blutungen verstärkt? Schließlich ist der Muttermund in der Schwangerschaft sehr gut durchblutet und in der Frühschwangerschaft muss man mit dem Vaginalschallkopf schon sehr gegen den Muttermund drücken, um gute Bilder zu bekommen. Einige reagieren darauf eben – sagen wir mal: mehr.“ 

WAS???? Ich war völlig durcheinander! Wieso bekomme ich solch eine wichtige Information erst von meiner Hebamme? Wieso hatte es kein Arzt für nötig befunden, mich über die „Nebenwirkungen“ der Abklärung per Ultraschall aufzuklären? Immer schön schallen, Geld abkassieren und die Schwangere unwissend lassen. Was ist das bitte für eine Art mit seinen Patienten umzugehen? Ein Arzt-Patienten-Verhältnis auf Augenhöhe stelle ich mir persönlich anders vor! Und ein solches Verhalten trägt ganz nebenbei nicht zu einem guten Vertrauensverhältnis bei.

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Sorry, aber unser Supermodel hasste Bilder – tut sie auch heute noch 😉

Mut zur Lücke

Irgendwie war ich erleichtert, aber auch innerlich zerrissen. Ich stand vor der Aufgabe meine eigenen Muster zu durchbrechen: ich musste mich überwinden, meine Ängste aushalten lernen, endlich versuchen guter Hoffnung zu sein. Ich lernte also abzuwarten, durchzuatmen, zu vertrauen und geduldig zu sein. Ich hatte endlich den MUT ZUR LÜCKE und was soll ich sagen: ich wurde belohnt 🙂 !!!! Die Blutungen verschwanden langsam und kamen nicht wieder. Der Ultraschall hat für mich schlagartig seinen Reiz verloren. BusyBee hat mir eine entscheidende Lektion des Lebens gegeben: über Demut, Geduld und Vertrauen.  In der weiteren Schwangerschaft zeigte BusyBee deutlich ihre Abneigung zum Ultraschall, der in den gesamten 40 Wochen kein Freund von ihr werden sollte. Nachdem wir endlich den Mut zur Lücke gefunden hatten, war es in der Folge auch nicht mehr so kompliziert die Entscheidung zu treffen, „nur“ die 3 Ultraschalluntersuchungen machen zu lassen – nämlich nur die, die auch in den gesetzlichen Mutterschaftsrichtlinien standen. Auf das Ersttrimesterscreeing und die Nackenfaltenmesseung verzichteten wir diesmal bewusst #ausgründen (dazu einandern Mal dezidierter mehr).

Wir haben leider kein Bild für euch …

BusyBee ist es gelungen bei allen 3 Untersuchungen weder das Gesicht, noch das Geschlecht zu zeigen… Sie war so unkooperativ, wie es ihr möglich war 😉 . Und das ist auch gut so. Sie hat uns die Sucht nach den niedlichen Ultraschallbildern aus- und die Verwandtschaft, sowie den Freundeskreis in den Wahnsinn getrieben. Wir mussten nämlich immer gestehen:

Wir haben leider kein Bild für euch … 😉

Viele konnten es gar nicht glauben, dass man „… bei der Technik heute, kein richtiges Bild vom Kind bekommen kann…“. Es wurde uns selbst unterstellt, dass wir absichtlich „Informationen“ vorenthalten würden. Nein, haben wir nicht. Auch wir haben nur einen schönen Rücken sehen können. Vielleicht auch mal einen Hinterkopf oder auch Oberschenkel… 😉 Und die Geschlechterfrage: wir wollten ursprünglich unbedingt wissen was es wird. Genauso wie bei NotYet. Aber auch da hatte BusyBee ihren eigen Plan, der aber eine Geheimhaltungsklausel beinhaltete! Nichts zu machen – egal wie trickreich die Frauenärztin es auch versuchte. Mehr als ein:

„Zu 60% könnte es ein Mädchen sein – eventuell …“

haben wir nicht bekommen können. Demut, Geduld und Vertrauen: ja, BusyBee lehrte uns das in dieser Schwangerschaft! Definitiv! Ich spürte in meinem Bauch förmlich, wie sie bei den Untersuchungen versuchte zu „fliehen“, weg vom Schallkopf. Sie machte sich ganz klein, drehte sich weg und schütze ihren Kopf mit den kleinen Armen und Händchen. Sie wollte im Verborgenen bleiben. Wollte nicht ins Licht gezerrt werden. Wollte nicht das irgendwer in ihren Schutzraum eindringt – sie belästigt. Wir sollten sie SPÜREN lernen, FÜHLEN lernen – nicht sehen, nicht überwachen. Ich selbst war froh als die Ultraschalluntersuchungen vorüber waren, da ich ihre Abneigung spürte. Ich hatte das Bedürfnis mein Kind beschützen zu müssen. Nur schnell alle wichtigen Dinge abchecken und dann weg mit dem Schallkopf vom Bauch! Eine Kehrtwende, an die ich nicht im Traum geglaubt hätte.

Im Teil 3 der Mini-Serie „Weniger ist mehr – der Wunsch Ungewissheiten aushalten zu können“ möchte ich über meine Wünsche für die 3. Schwangerschaft sprechen #Ultraschall.

*EURE MOTHER BIRTH*

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9 Gedanken zu „Demut, Geduld und Vertrauen – ein Leben im Verborgenen

  1. motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

    Danke du Liebe <3 !!! Es freut mich, dass dir meine neue Mini-Serie gefällt 🙂
    Eigentlich beschämend, wenn die Wünsche der Frauen nicht respektiert werden und dass du deshalb immer wieder von Frauenärzten abgelehnt wurdest, nur weil du wusstest, was du wolltest… *grummel*

    Wenn ich auf den Bauch gefallen wäre, hättet ich das natürlich auch abklären lassen – das ist wichtig. Aber ich glaube, dass du Recht hast und sie niemals ein Kind finden, welches genau auf der Normkurve liegt ;-)… Wäre ja auch zu langweilig 😉
    Ich finde es gut, dass du trotz deiner Verunsicherung nicht zum Ultraschall gegangen bist, sondern deiner Hebamme vertraut hast, die so besonnen war, dass sie dich beruhigen konnte! Großartig <3

    Liebe Grüße
    Mother Birth

    • mamanatur Antworten

      Ich hätte im KH gleich sagen sollen, dass ich das Baby nicht vermessen haben will…. Hinterher ist man immer schlauer. Die Größe des Babys zu dem Zeitpunkt in der Schwangerschaft hat ja überhaupt keinen Stellenwert für mich gehabt. Nur für den Arzt der eben Dienst nach Vorschrift gemacht hat. Er sollte aber eigentlich nur gucken ob sich wohlmöglich die Plazenta gelöst hat durch den Sturz.

    • motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

      Wenn mehr gemacht wird als gewünscht, ist das nicht immer besser… 🙁
      Aber dass man in solche Momenten eben nicht „richtig schaltet“ und nein sagt, ist psychologisch logisch. Habe ich ja auch schon dazu gebloggt. Siehe hier: https://motherbirthblog.wordpress.com/2016/03/19/selbst-schuld-du-opfer-wie-wehrhaft-koennen-gebaerende-sein
      Gilt nicht nur während der Geburt, sondern bei allen medizinischen Kontexten!!! – also auch in der Vorsorge 😉

      Liebe Grüße
      Mother Birth

  2. Pingback: Weniger ist mehr – der Wunsch Ungewissheiten aushalten zu können | motherbirthblog

  3. Pingback: Über Abhängigkeiten – “Jetzt wollen wir mal schauen, wie es ihrem Kind geht.” | motherbirthblog

  4. cao Antworten

    ich kann dir nur wieder voll und ganz zustimmen 🙂
    meine hebamme hat mal gesagt, es wird ja wohl einen sinn haben, dass ein baby 40 wochen im bauch ‚versteckt‘ ist und man es nicht sehen kann. ich denke, es braucht einfach den schutz und diese ‚unsichtbarkeit‘ um sich in ruhe entwickeln zu können!
    andererseits ist ultraschall im allgemeinen auch ein toller fortschritt in der medizin… aber auch ich habe mir leider ein paar ultraschalls zu viel machen lassen, weil der arzt immer zur sicherheit schauen wollte, obwohl mein gefühl mir immer sagte, dass alles in ordunung ist! :/
    greets cao

    • motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

      Der Ultraschall ist selbstverständlich ein technischer Fortschritt in der medizinisch möglichen Überwachung, aber eben auch nicht mehr…. Er sollte auch nicht zur routinemäßigen Abklärung von Eventualitäten missbraucht werden, ohne dass der Mutter/ dem Vater die Nutzen bzw. die Risiken erklärt wurden!

      Tatsache ist nämlich auch, dass die Studien, die Ultraschall als „harmlos“ einstufen aus den 90er Jahren stammen. Seitdem haben die Geräte verbessert, 3D/4D-Schalle gehören zum Standard, aber keiner kennt die Auswirkungen und niemand spricht darüber. Ich kann ganz klar sagen: meine Tochter hat sich gewehrt, geschützt. Die hat es deutlich bemerkt – negativ!

      Und Ärzte sollten keinen Schall machen, nur um ihr eigenes Sicherheitsbedürfnis zu erfüllen…Geschieht viel zu häufig

      Liebe Grüße
      Mother Birth

      • cao Antworten

        unser baby hatte auch immer die hände vorm gesicht bzw. sich weggedreht…
        ja, die ärzte wollen sich einfach selbst absichern. da hab ich einige ultraschalle machen lassen aber die nabelschnur um den hals (und grund für bleibende bel) hat er nicht gesehen!!
        soviel zum früherkennen von möglichen komplikationen…
        greets cao

        • motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

          Genau so ist es!… Ultraschall hat seine diagnostischen Grenzen, nur leider werden die meist nicht richtig eingeschätzt.

          Liebe Grüße
          Mother Birth

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