Die perfekte Geburt – über den Erwartungsdruck und die innere Einstellung

Zu allererst:

DIE eine perfekte Geburt gibt es nicht!

Es gibt eine Vielzahl an perfekten Geburten. Sie unterscheiden sich. Sie sind individuell – ebenso wie die Frauen, die diese Geburten erlebten. Mit Objektivität kommt man hier nicht weiter. Auch nicht mit Bewertungen von Außenstehenden, denn nur die Gebärende allein kann und DARF vor allem beurteilen was für SIE ganz persönliche eine perfekte Geburt – ja eine Traumgeburt – bedeutet.

Pluralität statt Verallgemeinerung

Was ist eine Traumgeburt? Sie kann ALLES sein! Für die eine Frau ist es ein geplanter Kaiserschnitt – für eine andere die Alleingeburt ohne Hebamme, ohne Krankenhaus, ohne jegliche Intervention. Beides kann eine perfekte Geburt sein – für die jeweilige Frau, die es sich so gewünscht, so vorgestellt hat. Bewertungen, Kritik und Vergleiche bringen uns hier nicht weiter. Es sind persönliche Entscheidungen, die oftmals auf Erfahrungen basieren – ganz individuellen Erfahrungen. Jede Frau hat ihre eigene Wahrheit – eben basierend auf ihren erlebten Erfahrungen. Nicht pauschalisierbar. Keine Allgemeingültigkeit ableitbar. Und trotzdem wird verglichen, bewertet und kritisiert. Jeder weiß es besser… Aber muss das sein?

„Aber das kann ja gar keine gute Geburtserfahrung gewesen sein…“

Diesen Satz musste ich mir leider nach meiner VBAC – meiner ganz persönlichen Traumgeburt – immer wieder anhören. Ich wurde regelrecht bemitleidet. Aber wieso? Viele sahen meine Geburtsverletzung (Dammriss 3. Grades) als „Zerstörer“ einer perfekten Geburt an. Ich nicht. Aber das galt nicht. Andere hatten andere Maßstäbe für eine „gute“ Geburt und diese legten sie überheblich an. Bemaßen meine Geburtserfahrung damit. Was meine Maßstäbe waren, was meine Erwartungen waren, was meine Prioritäten waren… Unwichtig! Sie nahmen sich heraus be- und verurteilen zu können. Sie schmälerten meinen Erfolg, denn für mich war es ein Erfolg – erfolgreich nach Kaiserschnitt geboren zu haben. Aus eigener Kraft.

Ein perfektes Netz darf kleine Unregelmäßigkeiten haben, denn erst sie machen es individuell by Pixabay

Wenn man MICH gefragt hätte:

Was macht für dich eine gute Geburt aus?

Dann hätte ich damals sicherlich kurz und knapp geantwortet:

Ich will mein Kind im Geburtshaus zur Welt bringen, ohne unnötige Interventionen und aus eigener Kraft. Bloß kein weiterer Kaiserschnitt! Alles andere ist mir eigentlich reichlich egal…

Auch dass ich nachträglich noch einmal ins Krankenhaus musste, macht aus MEINER Sicht die Geburtserfahrung nicht weniger perfekt, nicht weniger wertvoll für mich. Ich habe mir im Vorfeld nicht einmal Gedanken darum gemacht, was nach der Geburt sein würde. Es war mir schlichtweg egal. Mein Fokus, meine Priorität lag allein auf der Vermeidung eines erneuten Kaiserschnittes und einer Geburt im Krankenhaus. Dass ist das, was ICH nicht wollte. Andere hatten andere Ansprüche und sahen diese nicht erfüllt. Aber muss man dann die Geburtserfahrung anderer Frauen abwerten? Macht das überhaupt Sinn etwas zu vergleichen, was gar nicht vergleichbar ist? Selbst meine Geburten – und ich bin schließlich ein und dieselbe Frau! – sind nicht vergleichbar. Ich habe andere Erwartungen, Wünsche und Prioritäten.

Ist das nicht ein enormer Druck?

Diese Frage wird mir in dieser Schwangerschaft immer wieder gestellt und ich habe sie mir auch selbst gestellt. Kann ich nur scheitern, nachdem ich meine Traumgeburt schon erleben durfte? Definitiv NEIN! Ich gehe davon aus, dass jede Geburt mich vor neue Herausforderungen stellt. Ich kenne sie jetzt noch nicht, aber ich bin mir sicher, dass ich sie meistern kann. Ich traue es mir zu. Ich habe Vertrauen. VERTRAUEN: für mich dieses Mal sowieso der Leitfaden, dem alles zu folgen scheint. Ich habe keinen festgeschriebenen Geburtsplan im Kopf, der kein Abweichen erlaubt, sondern eine Geburtsvision in meinem Herzen. Veränderlich – aber immer positiv in ihrer Grundidee. Ich werde die Geburt meistern, ob diesmal ebenfalls lustvoll und schmerzfrei? Ich weiß es nicht. Es ist für mich keine Voraussetzung für eine gute Geburt. Ebenso wenig, wie Hypnobirthing für mich gleichbedeutend mit meditativen, stillen Treiben in der Wanne gleichzusetzen ist. Das bin nicht ich. Ich bin laut. Töne. Bewege mich. Bin aktiv und gestaltend. Ich bin ich. Ganz individuell. Auch und gerade unter der Geburt.

Und sollte die Geburt doch nicht zu Hause stattfinden können? Was ist dann? Bin ich gescheitert? Hab ich versagt? Und nochmals muss ich vehement NEIN! sagen. Diesen Druck möchte ich mir gar nicht machen. Lass ich auch von außen nicht zu. Ich weiß, dass ich alles getan habe, um meine Vision von einer perfekten Hausgeburt realisieren zu können. Mehr geht nicht. Ich kann mir nichts vorwerfen und werde es auch nicht. Punkt! Ich werde alle Wendungen annehmen und ihnen mit Vertrauen begegnen. Meine innere Einstellung dazu zählt. Sonst nichts. 

Das einzige was zählt…

Es geht um mich, um meine Geburt, um meine Erwartungen und um meine Wünsche. Niemand außer mir darf und kann beurteilen, was für mich eine perfekte Geburt ausmacht. Es kann so vieles sein. So individuell. So persönlich. So eigen. Wie jede von uns.

Nicht bewerten, sondern hineinversetzten. Den Blickwinkel ändern, die eigenen Ansprüche nicht auf andere übertragen – ebenso wenig wie die eigenen Ängste. Es geht hier um eine individuelle Einschätzung. Um eine ganz persönliche Erfahrung: die Geburt des eigenen Kindes. Überlasst der Mutter, was sie sich unter einer Traumgeburt vorstellt. Es ist ihre Vision. Ihre ganz eigene. Eine Traumgeburt hat so viele Facetten und Gesichter. Es kann weder „richtig“ noch „falsch“ geben. Bitte denkt immer daran…

*EURE MOTHER BIRTH*

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6 Gedanken zu „Die perfekte Geburt – über den Erwartungsdruck und die innere Einstellung

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  3. Katja Antworten

    Sehr schön geschrieben ❤
    Die Geburt meiner ersten Tochter 2012 kam sehr überraschend mit einem Notkaiserschnitt in der 25.SSW. Leider verließ unser Engelchen uns nach 2 Wochen wieder.
    Der Notkaiserschnitt war sowohl für mich aber auch für meinen Mann sehr traumatisierend.
    Meine zweite Schwangerschaft war mit vielen vielen Ängsten verbunden. Am Ende entschieden wir uns für einen weiteren, diesesmal jedoch geplanten Kaiserschnitt in unserer Wunschklinik mit gebuchtem Familienzimmer.
    Mein Mann und ich erlebten eine sehr schöne Geburt. Mein Mann war die ganze Zeit bei mir und dann bei unserer Tochter.
    Die Atmosphäre im OP und drum herum war sehr angenehm und ich habe mich sicher und wohl gefühlt.
    Für uns eine Traumgeburt im OP ❤️
    Liebe Grüße

    • motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

      Liebe Katja,

      genau das meine ich! Wenn es für dich – mit deinen Erfahrungen – deine ganz persönliche Traumgeburt war, dann war sie eine. Weil das einzige was zählt dein Empfinden dazu ist. Niemand darf das be- oder verurteilen dürfen oder gar bewerten.
      Es ist DEINE Geburt! <3

      Von Herzen mein Beileid für euch, dass ihr euer erstes Kind gehen lassen musstet. Fühlt euch umarmt. ((()))

      Liebe Grüße
      Mother Birth

  4. tanjaliebl Antworten

    Danke für Deinen Artikel!

    So wie Du schreibst, kann „die Traumgeburt“ viele, verschiedene Gesichter haben. Da gibt es einfach kein „one size fits all“.

    Ich wünsch Dir eine wunderbare Geburtsreise!

    Liebe Grüße,
    Tanja

    • motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

      Liebe Tanja,

      genau DAS ist es was ich unbedingt sagen – loswerden wollte: kein „one size fits all“!
      Es ist unsinnig sich darüber zu streiten, was nun eine Traumgeburt ausmachen darf/kann. Es gibt 1001 Möglichkeit. Und trotzdem zerfleischen sich immer wieder Frauen genau an diesem Thema. Da werden Positionen erbittert verteidigt. Da gibt es nur noch schwarz und weiß. Das ist so traurig zu sehen…
      Es werden vereinheitlichte Ideale hochstilisiert und damit Erwartungen geschürt, die fast automatisch zu Enttäuschen und Druck führen müssen. Frauen glauben sie hätten versagt. Ihre Geburt wäre nicht so „perfekt“ wie sei sein müsste… Aber jede Frau muss ihren ganz eigenen Maßstab anlegen dürfen. Und wenn die dann sagt: es war eine gute Geburt, dann sollten es die Kritiker und Besserwisser bitte auch dabei belassen!

      Liebe Grüße
      Mother Birth

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