Ich und der Tod – Wir müssen reden.

Ich weiß, dass dieser Text so gar nicht zu meinem Blog passt. Und auch irgendwie nicht zu mir passen will. Trotzdem will ich ihn schreiben. Unbedingt. Es lässt mich nicht los das Thema und diese Worte wollen niedergeschrieben werden.


IMG_5436
Ich möchte mein persönliches Verhältnis zum Tod eine neue Richtung geben. Diese 3 Sätze sind für mich dabei zentral wichtig. #Affirmationen

Wir waren nie Freunde und werden es wohl auch nie werden. Warum auch? Wer heißt den Tod schon willkommen? Aber wir brauchen dringend ein besseres Verhältnis. Jetzt! Nicht irgendwann. Ich kann nicht warten und darauf hoffen, dass der Tod nie wieder an meine Tür klopft. Das wäre absolut kindisch. Denn er wird kommen, wie ein ungebetener Gast, der sich still mit an den Tisch setzt. Man versucht ihn zu verdrängen – zu ignorieren, aber das stört ihn nicht. Er bleibt und wartet. Die Zeit spielt für ihn.

So oft bleibt dieser ungebetene Gast unangesprochen und unerwähnt. Alle wissen es – niemand spricht es an oder aus. So als ob man ihn alleinig durch seine Nennung real werden lässt. Nein, er ist da – so oder so.

Sprechen hilft. Es lässt den unausgesprochenen Schrecken kleiner werden. Man teilt Trauer und Sorgen. So könnte es sein. So wäre es schön. So war es aber bei mir nie. 

Der Tod wuchs – wie der Tumor im Bauch meiner Großmutter. Alle sahen weg. Ignorierten, dass der Tod allen Platz, allen Raum einnahm. Uns die Luft zum Atmen nahm. Er vereinnahmte alles. Und wir taten weiterhin tapfter so, als ob nichts wär. Alles in Ordnung. Alles normal. Alles wie immer.

Nichts war normal. Es war eine absurde Schmierenkomödie, die wir da Tag täglich aufführten. Für wen eigentlich? Für meine Großmutter? Ich glaube heute, dass es ihr gut getan hätte mal Klartext zu sprechen. Aber vermutlich ist die Erklärung nicht so altruistisch, sondern eher egoistisch: wir wollten uns selbst schützen. Wir haben uns in bester kleinkindlicher Manier die Hände vors Gesicht gehalten und meinten, so könnte uns der Tod nicht sehen. Negieren bis zum bitteren Ende.

Und dieses Ende trifft einen dann um so härter. Unvorbereitet. Und nun? Verstecken scheint nicht der richtige Weg zu sein, um mit dem Tod umzugehen. Das dämmerte mir schon damals, aber ich hatte auch irgendwie keine Alternative. Keine Vorbilder. Nur eine Mauer aus Schweigen.

Sich gegenseitig in der Trauer auffangen? – keine Option. Und dabei wäre es das beste. Sich gegenseitig halten. Zusammenhalten. Gemeinsam. Stattdessen – jeder für sich, möglichst unauffällig und bloß niemanden mit seinen Gefühlen belasten.

Sind Gefühle eine Belastung? Ja und nein. Mich belasten Gefühle – besonderes natürlich negative -, wenn ich sie mit mir selbst ausmachen muss. Sie nicht teilen kann oder darf. Sie stauen sich dann in mir an und erdrücken mich innerlich. Sie lassen keinen Raum mehr für etwas anderes. Sie füllen mich aus. Gefühle sollten mit anderen geteilt werden – gute wie schlechte. Das Teilen bereichert und hilft uns. Gefühle stauen sich nicht auf. Man kann sie rauslassen – loslassen. Das ist wichtig.

Die Trauer annehmen.

Sie ausleben – sich ihr hingeben.

Sie aber dann auch loslassen können.

Weiterziehen können.

Weiterleben können.

Das ist das Ziel.

Meins.

 

IMG_5430
Neuanfang. Genau den will ich wagen. Mir ist klar geworden, dass wir immer wieder die Möglichkeit haben, neu zu beginnen. Wir müssen uns nur trauen wieder an den Ursprung zurückzukehren. Egal wie weit wir uns davon entfernt haben. Egal wie lange es zurückliegt.

#nichttotschweigen

Ich möchte das Thema Tod und Trauer offen ansprechen können. Mir erlauben zu weinen. Meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Sie zu zulassen. Sie als natürlichen Teil von mir zu betrachten. Nicht als Schwäche.

Ich möchte mich nicht mehr so hilflos fühlen müssen – nicht mehr so unglaublich klein und schwach. Ich möchte den Tod annehmen können, als dass was er ist – unvermeidlich. Irgendwann. Ich möchte ihn akzeptieren.

Er muss nicht auch das Ende von mir bedeuten. Ich sterbe nicht. Trauer tötet mich nicht. Ich lebe weiter und überlebe nicht irgendwie, so dass ich mir wünschte ich wäre ebenfalls gestorben.

Ich will mich nicht wieder in dieses schwarze, bodenlose Loch zurückziehen lassen, aus dem ich jahrelang keinen Ausweg fand, weil ich die Trauer verdrängte, anstatt sie auszuleben.

Ich möchte den Mut haben zu trauern – auch heftig. Aber es dann auch hinter mir lassen zu können. Abzuschließen. Einen Schlußstrich zu ziehen. Für mich.

Ich bin mir das wert. Mein Leben ist es mir wert.

 

*EURE MOTHER BIRTH*

#Gefühle #nachdenken #Neuanfang #reden #reflektieren #reset #sprechen #Tod #Trauer #weinen #nichttotschweigen

7 Gedanken zu „Ich und der Tod – Wir müssen reden.

  1. Pingback: Blogger-Herzensbeiträge im Februar und März (#Herzpost) - Verflixter Alltag - Der kuriose Mama-Blog

  2. Kati Antworten

    Jetzt hab ich mich getraut und gelesen. Ja, mein erster Impuls war: nicht hinsehen.
    Und es war gut, dass ich ihn gelesen habe. Den nur, wenn ich die Trauer zu lasse, kann ich sie überwinden. Sonst wird sie zur lähmenden Angst und der Tod wirft weiter Schatten auf mein Leben. Einfach wird das nicht. Aber ich bin es mir wert. Danke!

    • motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

      Liebe Kati,

      dein erster Impuls ist völlig normal. Fast jeder hat ihn. Das sehe ich auch an den Zugriffszahlen auf diesen Artikel. Viele trauen sich nicht an das Thema Tod heran. Das ist auch ok.

      Es freut mich sehr, dass mein Text bei dir etwas bewegen konnte. Genau deshalb schreibe ich ja meinen Blog: um andere zu inspirieren.

      Danke für dein Feedback. Das beutetet mir wirklich viel <3

      Liebe Grüße
      Mother Birth

    • motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

      Wir müssen uns auch als Gesellschaft fragen, wie wir mit dem Tod umgehen wollen.
      Früher sind viele Menschen im Kreise ihrer Familie zu Hause gestorben.
      Ebenso wie sie meist geboren worden sind – zu Hause.
      Und heute?
      Ich glaube sowohl der Tod als auch die Geburt als zentrale Ereignisse im Leben, sollten zurück in den Kreis der Familie geholt werden.
      Es würde viele Ängste in beiden Bereichen verhindern bzw. auflösen.
      Beides wäre greifbarer. Realer.

      Sorry, ich bin irgendwie abgeschweift, aber das kam mir gerade so in den Sinn.

      Liebe Grüße
      Mother Birth

  3. vameny Antworten

    Das ist ein wunderschöner Beitrag und wichtig! Ich finde wir sind so disconnected mit diesem Thema. Das ist, wie ich denke auch wirklich typisch für unsere westliche Gesellschaft. Für uns ist der Tod nicht Teil vom Leben, sonder das Gegenteil und wird so lang verleugnet, bis er Einzug hält. Ich glaube auch, dass wir, wenn wir ihm Beachtung schenken, ihn anerkennen und annehmen, wir tatsächlich ein schöneres Leben gestalten und besser lernen damit umzugehen, wenn er unsere Lieben mitnimmt – und mit der Tatsache, dass er eines Tage uns mitnimmt.

    • motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

      Da gebe ich dir vollkommen recht: der Tod ist ein Tabuthema.
      Und diese Stigmatisierung führt dazu, dass sich eine nicht greifbare Angst in uns einnistet, die nicht sein müsste.
      Der Tod darf und sollte Thema sein.
      Ich akzeptiere den Tod in dem Augenblick, wenn ich neues Leben zeuge, denn ich bin im Bewusstsein, dass es endlich sein wird – auch wenn ich das exakte Ende nicht kenne.
      Der Tod ist unser stetiger Begleiter. Wir können mit ihm gehen oder uns von ihm jagen lassen. Es liegt bei uns. Das verstehen nur wenige. Leider.

      Danke für deine Worte <3

      Liebe Grüße
      Mother Birth

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert