Ich habe mich gerne dazu bereit erklärt, dass #Gastbeiträge zur #Blogparade: Each Woman is a Rose – Warum unsere Geburten so wichtig sind #rosrev von Nora Umlau auf meinem Blog veröffentlicht werden können. Damit biete ich allen Frauen, die entweder keinen eigenen Blog haben oder aber aus verschiedenen Beweggründen den Text anonym veröffentlichen möchten, bei mir eine Plattform. Heute am Roses Revolution Day berichtet Bine (25) von der Gewalt, die sie bei der Geburt ihres Kindes erfahren musste.
Wie die erträumte Hausgeburt – nach Geburtsstillstand – im Krankenhaus in meinem Albtraum endete. Die Schilderungen der brutalen vaginalen Untersuchungen ließ mir das Blut in den Adern gefrieren, denn ich kenne den Schmerz, die Hilflosigkeit, die Machtdominanz dieser Handlung nur zu gut. Auch ich habe es am eigenen Leib erfahren müssen und auch ich würde sie als Vergewaltigung titulieren.
*Achtung: Trigger-Warnung*
Die Geburt meiner Tochter ist inzwischen fast 1 Jahr her, allerdings ist die Geburt für mich so präsent, als sei es gestern gewesen. Ich habe lange gebraucht, bis ich realisiert habe, WAS mir da angetan wurde. Natürlich wusste ich vorher, dass die Geburt nicht so leicht wird. Dass ich an meine Grenzen gehen werde. Aber dass ich respektlos behandelt werde? Dass meine Würde mit Füßen getreten werden wird? Dass mir Gewalt angetan wird? Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Aber erst mal der Reihe nach…
Geplante Hausgeburt
Geplant war eine Hausgeburt mit einer tollen Hebamme die wir seit der 8. Woche kannten und die uns die ganze Schwangerschaft über wunderbar betreut hat. Wir hatten alles zuhause vorbereitet, inklusive aufblasbarem Geburtspool. Wir waren positiv gestimmt und freuten uns auf die Geburt. Die ersten richtig heftigen und regelmäßigen Wehen bekam ich nachts. Es war so heftig, dass ich dachte es geht so richtig los. Meine Hebamme kam direkt, aber mein Muttermund war erst fingerdurchlässig. So blieb es für die nächsten Stunden. Die Einzelheiten zuhause überspringe ich, weil sie für #rosrev keine Relevanz haben. Meine Hebamme war die ganze Zeit für mich da und hat mich vorsichtig untersucht und liebevoll betreut. Nach 18 Stunden regelmäßiger Wehen und keinem wirklichen Geburtsfortschritt, empfahl unsere Hebamme dann ins Krankenhaus zu gehen, da ich mittlerweile sehr erschöpft war. Sie rief dort an, um uns anzumelden und sagte uns, dass eine super nette Hebamme, die sie persönlich kennt, Dienst hat und sich toll um uns kümmern würde.
Klarstellen wer hier das Sagen hat – mit Hilfe von Gewalt!
Diese Hebamme war auch super nett und hat das erste CTG bei mir geschrieben, allerdings hatte sie nach einer Stunde Schichtende und herein kam eine Hebamme, der die Unlust geradezu ins Gesicht geschrieben war. Sehr herzlos und unmotiviert bat sie uns ins Vorwehenzimmer, um mich zu untersuchen. Ich kannte diese Untersuchung ja mittlerweile schon und legte mich, so entspannt es unter Wehen eben geht, auf das Bett. Was daraufhin folgte, kann ich gar nicht in Worte fassen. Sie bohrte vollkommen unvermittelt in mir herum und hörte auch nicht auf, als ich mehrfach: „Aua Aua!“ sagte. Ich konnte mich gar nicht wehren, ich lag einfach da und ließ mich „untersuchen“. Diese Schmerzen sind bis heute die schlimmsten, die ich je in meinem Leben hatte. Sie bohrte so fest in mir herum, dass die Fruchtblase platzte (bei nur 3cm!!). Sie saß mit auf dem Untersuchungsbett und sprang genervt zur Seite, dass sie nicht nass wird. Mir wurde daraufhin richtig übel und ich hätte mich beinahe auf den Boden übergeben. Vollkommen genervt, hielt sie mir eine Schüssel hin. Ab diesem Moment verlor ich komplett die Kontrolle über meinen Körper und meine Geburt. Es war, als hätte sie mir durch diese gewaltvolle Untersuchung gezeigt, wer hier das Sagen hat. Die Wehen, die ich vorher gehabt hatte, waren wirklich schmerzhaft, aber erträglich, die die jetzt kamen nachdem die Fruchtblase eröffnet war, waren einfach nur die Hölle. Als ich nach Schmerzmitteln und einer PDA bettelte, hörte ich nur von ihr:
„Wie hättest Du das denn bitte zuhause machen wollen?“
Ich war so getroffen von dieser Kälte, dass ich klein beigab. Sie wird es ja wissen, dachte ich, wie konnte ich nur so doof sein und es zuhause versuchen wollen…*
*[Wochen später habe ich durch Zufall im Internet gelesen, dass die Art von Wehen, die ich hatte – sehr schmerzhaft aber unwirksam – typisch für die Kindslage ist, die meine Tochter hatte. Leider wurde dies nicht erkannt – stattdessen wurde ich dafür verurteilt, dass ich mit den Schmerzen nicht klar kam.]
Ich habe geschrien – interessiert hat es niemanden
Als sie mir einen Zugang legte für Schmerzmittel, zerstach sie mir beide Hände und Unterarme – so sehr, dass ich meine Hände für die nächsten Tage nicht mehr schmerzfrei benutzen konnte. Man hätte meinen können, dass sie sich dafür entschuldigt. Falsch gedacht – sie war super genervt, weil sie die Ärztin für den Zugang holen musste. Als das Schmerzmittel nicht wirkte, flehte ich sie an, mir eine PDA zu geben. Bevor mir diese „gestattet“ wurde, musste ich jedoch erst wieder untersucht werden. Ich hatte richtig Panik davor. Plötzlich stand sie wieder vor mir, die Hand in mir drin, wieder am Bohren. Wieder dieser unerträgliche Schmerz. Dann musste natürlich die Ärztin nochmal kontrollieren. Wieder dieser stechende Schmerz, der mich wünschen ließ, dass dies bitte ganz schnell vorbei geht. Ich weiß nicht mehr, wie laut ich geschrien habe. Interessiert hat es keinen. Dann der genervte Gesichtsausdruck der Hebamme:
„Sie ist erst bei 4cm. Na gut, Du kriegst ‘ne PDA.“
Das Ganze hatte nichts mit meiner Geburt und meinem Körper zu tun
Die PDA war ein Segen. Das erste Mal – seit fast 24 Stunden – konnte ich schlafen. Ich habe circa 2 Stunden geschlafen, dann kam die Hebamme und hat wieder nach dem Muttermund gefühlt – dieses Mal war untenrum alles taub, ich habe zum Glück nichts gefühlt. Ich war „endlich“ bei 10 cm und dann schaltete sie die PDA ab. Irgendwann kam sie dann rein, um mich aufs Kreißbett zu holen. Das Ganze hatte nichts mit meiner Geburt und meinem Körper zu tun – ich wurde jetzt entbunden. Sie fragte noch ob wir ein Mädchen oder einen Jungen bekommen und richtete schon die Armbänder. Ich wäre in diesem Moment am liebsten weggerannt, weil ich nicht glauben konnte, dass ich hier und jetzt in dieser Atmosphäre mein Baby bekommen würde. Ich wusste auch gar nicht, was ich machen sollte – die Schmerzen waren wieder voll da und ich war nun am Ende mit meiner Kraft. Ich habe mich richtig hilflos und verloren gefühlt.
Das Ganze hier irgendwie überstehen…
Als ich es dann wagte zu fragen, ob man mir bitte die PDA aufspritzen könnte, sagte die Hebamme nur kalt:
„Also ohne Schmerzen kann man halt kein Kind kriegen.“
Ende der Diskussion, das war‘s also. Na gut, dann mal aufs Kreißbett und das Ganze hier irgendwie überstehen. Nur wie? Mein Freund stand hinter dem Bett und schaute mich mit riesigen Augen an, er war genauso überfordert wie ich und konnte leider auch nichts machen. Nach etwa einer halben Stunde Presswehen und Anleitungen wie:
„Lehn dich mal nach vorne!“
„Geh in die Knie und atme aus wie wenn du …“ – „So atmest du dabei also?“
„Na also geht doch – durch den Mund ausatmen!“,
merkten wir, dass irgendwas nicht stimmt. Uns wurde dann auf Nachfrage gesagt, dass sie wohl nicht richtig mit dem Kopf liegt und dass der Oberarzt jetzt käme. Als ich fragte, was dann die Alternative wäre, kam ein knappes: „Über die Bauchdecke“. Ich sollte mich dann zum Untersuchen auf den Rücken legen und wir warteten eine Weile auf den Oberarzt. Als dieser dann endlich ins Zimmer kam, begann ich gerade ihn zu grüßen und mich vorzustellen, als ich abgewatscht wurde mit einem:
„Moment mal, ich muss jetzt erst mal hier fühlen.“
Was??? Hier ist mein intimer Bereich und eigentlich entscheide ich doch, was da unten passiert und was nicht? Scheinbar nicht. Dieser Moment war fast einer der schlimmsten der ganzen Geburt. Für Außenstehende mag das seltsam klingen – für mich war damit allerdings mein letztes Stück Würde dahin. Diese Untersuchung war wie eine Vergewaltigung. Wie kann es sein, dass ein mir bis dahin komplett unbekannter Arzt weniger als 3 Sekunden im Raum ist und schon seine Finger zwischen meinen Beinen hat? Wenn die Herztöne von meinem Kind abgesackt wären, okay. Bei einem Notfall, von mir aus. Aber doch nicht einfach so?! Nach der Untersuchung kam dann von ihm ein:
„Absolut unmöglich.“
In der Warteschleife…
Dann stellte er sich vor und erläuterte mir direkt, dass es nur per Kaiserschnitt geht. In dem Moment war mir alles recht und ich unterschrieb alles und nickte alle möglichen Komplikationen ab. Ich bekam die Haube aufgezogen und es hieß, dass wir sofort in den OP kommen. Wenige Minuten später kam dann jemand um zu sagen, dass gerade eine andere Geburt reingekommen ist und wir warten müssten. Dann waren wir alleine. Und ich hatte natürlich immer noch Wehen. Unwirksame, heftige Presswehen vom feinsten, jede Minute mindestens eine. Jede Minute wurde meine Tochter mit ihrem Gesicht gegen mein Schambein gedrückt und ich wusste nicht mehr wie ich das überstehen sollte. Mein Freund ist unzählige Male in den Gang gerannt um zu fordern, dass die PDA aufgespritzt wird oder dass zumindest irgendwas geschehen muss. Keine Antwort. Irgendwann kam die Ärztin rein und sagte, dass ich keine PDA mehr bekommen kann und man leider nichts für mich tun könne. Dann wenig später eine weitere Hiobsbotschaft, es sei jetzt noch eine Geburt reingekommen, wir würden noch länger warten müssen. Zu diesem Zeitpunkt lag ich nun schon über eine Stunde auf dem Rücken mit umgeschnallten CTG – natürlich immer noch mit Presswehen. Dazu kam, dass alle paar Minuten jemand reinkam um etwas aus den Schränken zu holen:
„Moment, ich hole nur schnell eine Nabelklemme.“
„Ich muss nur noch schnell was nähen, dann sind Sie dran.“
Wenn ich dann gefleht habe, dass hier etwas passieren müsse und ich nicht mehr kann, hieß es:
„Jaja, in 10 Minuten geht’s ja los…“
Diesen Satz haben wir sehr oft gehört, ich weiß gar nicht mehr wie oft. Ich glaube es war nach 1,5 Stunden, als ich alle meine Kraft zusammen nahm und meinem Freund sagte, dass ich jetzt sofort Hilfe brauche. Ich dachte wirklich ich würde sterben. Er hat es dann irgendwie geschafft die Ärztin reinzuholen. Sie glaubte mir scheinbar endlich, dass ich wirklich am Ende mit allen Kräften war und meinte dann:
„Hmmm… ich könnte Ihnen einen Wehenhemmer geben….“
„Dann tun Sie das!“,
war alles was ich dann noch sagte. Bis sie da war, dauerte es wieder mindestens 10 Minuten. Der Wehenhemmer wirkte dann für ca. 30 Minuten. Ich spürte zwar noch jede Wehe, aber etwas schwächer als vorher. Ich konnte also endlich zumindest ein bisschen durchatmen. Nachdem die Wirkung dann nachgelassen hatte, musste ich nochmal geschlagene 30 Minuten ohne Alles warten, bis endlich die Tür aufging und wir in den OP geschoben wurden. Auf einmal ging es dann ganz schnell und ich habe noch schnell die OP Schwester gefragt, was mit meiner Tochter nach der Geburt passiert. Sie versicherte mir, dass sie natürlich zu mir käme und ich war beruhigt. Ich habe auch noch gesagt, dass ich dann nach der Geburt gerne meine Plazenta* hätte.
*[Dies wurde übrigens vergessen – „Oh tut mir leid, die Plazentatonne ist schon weg.“]
Das Baby ist da! – und wieder weg…
Mein Freund kam dann in den OP kurz bevor es losging. Nachdem die Ärzte schon ein bisschen zugange waren, habe ich das Wort Blutung aufgeschnappt und habe gesehen, dass mein Freund besorgt aussah. Also habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, ihm gut zuzureden und ihm zu sagen, dass schon alles gut wird. Rückblickend muss ich echt lachen, wenn ich daran denke. Ihn zu beruhigen hat mir lustiger Weise sehr geholfen, selbst auch ganz ruhig zu bleiben. Und dann auf einmal haben wir sie ganz leise gehört. Und dann die Worte.
„5:50 Uhr – ein Mädchen.“
Endlich war sie da, 28 Stunden nach Wehenbeginn. Die Hebamme hielt sie in den Armen und zeigte sie mir. Ich wollte sie instinktiv berühren doch meine Arme waren festgeschnallt. Die Hebamme hat sie mir dann kurz ans Gesicht gepresst und in der Zeit wurden meine Hände befreit. Dann hat die Hebamme sie wieder weggenommen und einfach nur gesagt:
„Ich nehme sie mit rüber. Hier ist es zu hell und zu kalt.“
Ich habe noch meine Hand nach ihr ausgestreckt, habe aber nur noch den Arm von der Hebamme erwischt. Ich konnte nichts sagen, ich war so perplex. Ich habe nur noch meinem Freund gesagt:
„Geh mit und nimm sie.“
Dann waren sie weg und ich war wie paralysiert. Mir ist richtig schlecht geworden und ich habe die OP nur Dank dem äußerst netten und hilfsbereiten Anästhesisten durchgestanden, ohne mich zu übergeben oder ähnliches. Mir ging es danach noch richtig schlecht, ich habe stundenlang gezittert und als ich dann endlich im Kreißsaal zurück war, wo mein Freund mit der Kleinen auf der Brust saß, konnte ich sie gar nicht halten, weil ich einfach zu kraftlos war.
Immer bedenken: Frauen, die Gewalt unter der Geburt erleben mussten, werden mit solchen Sätzen abermals gedemütigt!
Wir hatten Glück, dass die Kleine die ganzen 28 Stunden Wehen super überstanden hat. Ihre Herztöne sind kein einziges Mal abgesackt. Leider wurde das dann von diversen Verwandten und Freunden angeführt, als ich es wagte mich wegen des Kaiserschnitts oder gar der Geburt zu beklagen. Ich denke diesen Satz kennen viele Frauen zu gut:
„Die Hauptsache ist das Kind ist gesund.“
Wochenbettstation
Die Zeit nach der Geburt war eigentlich okay und auch sehr friedlich – bis auf die furchtbare Betreuung auf der Wochenstation:
„Stehen Sie gefälligst auf, Ihre Kaiserschnittkollegin war heute morgen schon beim Frühstücksbuffet“
„Hören Sie sofort auf Schmerzmittel zu nehmen, Sie stillen doch. Denken Sie gefälligst mal an Ihr Kind!“
usw.
Wir waren froh unsere Tochter endlich bei uns zu haben und bis auf die Tatsache, dass ich erst nach 10 Tagen wieder richtig laufen konnte, ging es uns allen gut. Meine Tochter hat in den ersten Tagen nach der Geburt nur 70 g abgenommen, und sie entwickelt sich weiterhin prächtig.
Erkenntnis: Mir wurde Gewalt angetan – physisch und psychisch
Irgendwann fing es dann bei mir an, dass ich das Wort Geburt nicht mehr aussprechen konnte und wollte. Durch Zufall ist mir aufgefallen, dass mir sowohl körperliche als auch seelische Gewalt angetan wurde. Ich bin bei Twitter auf ein Bild mit Bullshit Bingo – Gewalt in der Geburtshilfe gestoßen. Ich hatte eindeutig „gewonnen“, gleich mehrere Sachen trafen auf mich zu. Das war wie ein Schlag. Auf einmal war mir klar, was da passiert war. Dass mir tatsächlich etwas angetan wurde. Ich habe mich endlich verstanden gefühlt. Ich glaube ich musste gleichzeitig lachen und weinen, als ich das erkannt habe.
Hier noch einmal die grobe Zusammenfassung: meine Fruchtblase wurde sehr grob eröffnet, mein Muttermund wurde mehrmals schmerzhaft gedehnt, ich wurde übertrieben häufig vaginal untersucht, ich wurde nicht ernst genommen, meine Schmerzen wurden runter gespielt, ich wurde respektlos und würdelos untersucht und behandelt, ich wurde unter Presswehen für über 2 Stunden einfach alleine gelassen und mir wurde das Bonding im OP verwehrt.
Ich muss mir regelmäßig diese ganzen Punkte vor Augen führen, um sicher zu sein, dass ich nicht übertreibe. Dass es berechtigt ist, deswegen traumatisiert zu sein.
Entschuldigung – leider nicht von Herzen kommend
Ich habe es irgendwann geschafft, mich beim Krankenhaus zu beschweren. Ich habe allen Beteiligten (oder wohl eher Tätern) mehrere Briefe geschrieben. Ich hatte sogar ein Gespräch mit dem Chefarzt. Ich habe eine offizielle Entschuldigung vom Krankenhaus bekommen. Das klingt alles toll und man könnte meinen, dass ich es doch jetzt gut sein lassen könnte. Es fällt mir allerdings sehr schwer, eine Entschuldigung anzunehmen, die nur deswegen ausgesprochen wurde, weil ich mich an den Träger des Krankenhauses gewendet habe. Auch fällt es mir schwer diese Entschuldigung ernst zu nehmen, wenn ich auf detailliertere (und mehrfache) Nachfragen keine Antworten erhalte. Von den Tätern selbst habe ich bis heute nichts gehört, außer dass sie betroffen und traurig über meine Rückmeldung sind. Hier noch ein paar Zitate, die ich vom Chefarzt als Antwort bekommen habe – vielleicht kommt das – der ein oder anderen – auch bekannt vor:
„… mit Dr. XXX habe ich gesprochen, er war sichtlich traurig, zumal er normalerweise sehr positive Rückmeldungen bekommt.“
„… ich denke neben Ihrer persönlichen negativen Erfahrung werden gerade in der Geburtshilfe auch viele positiven Erfahrungen, gerade auch hier im Haus, wiedergegeben. Das Problem ist, dass wir in einem nicht berechenbaren und hoch emotionalen Bereich tätig sind. Deshalb leider auch manchmal enttäuschen.“
„… Aber die beteiligten Ärzte, gerade auch Herr Dr. XXX, sind, und das müssen Sie mir glauben, in der Regel mit höchsten Zufriedenheitsbewertungen versehen.“
„… Die Qualitätskontrollen innerhalb der Abteilung sind überdurchschnittlich inkl. mehrfacher jährlicher Risikotrainings.“
„… Allerdings können Sie nicht zwischenmenschliche Situationen üben.“
Da fühlt man sich doch direkt viel besser. Er hätte gleich schreiben können:
„Tja Frau XXX, mit Ihrem Ansprüchen sind Sie selbst schuld. Sie sind die Einzige, die sich hier je beschwert hat.“
Danke dafür lieber Herr Chefarzt! Aber haben Sie mal darüber nachgedacht, dass viele einfach keine Kraft, keinen Mut oder gar keine Zeit haben sich damit zu befassen und sich dann letztendlich auch zu beschweren? Schließlich haben wir alle gerade ein Kind bekommen und sind generell übermüdet und überfordert!
Zuhören und Verständnis haben – so wichtig!
Ich bin mittlerweile auf einem guten Weg. Ich kann offen über das Thema sprechen – ich fange nur noch bei jedem dritten Mal an zu heulen. Das hat lange gedauert und das habe ich meinem Freund zu verdanken, der mir das Gefühl gibt, immer darüber sprechen zu können. Das ist ja leider keine Selbstverständlichkeit, wie viele von uns am eigenen Leib erfahren haben. Selbst meine Mutter hat mich nicht ganz ernst genommen:
„Naja XXX, wie hast Du Dir das denn vorgestellt? Was dachtest Du denn wie eine Geburt ist?“
Als ich ihr sagte, dass die Hebamme mich gefragt hat, wie ich das denn zuhause hätte machen wollen, fragte meine Mutter einfach nur zurück:
„Ja, wie hättest du es denn zuhause machen wollen???“
Durch solche Sprüche habe ich mich lange Zeit einschüchtern lassen und das hat die Aufarbeitung und Verarbeitung nicht leichter gemacht. Doch mittlerweile weiß ich: SO muss und darf eine Geburt nicht sein! Was können wir alle also tun? Wir müssen zuhören, wenn eine Frau über ein schlimmes Geburtserlebnis spricht. Nein, sie ist nicht selbst schuld, sie hätte es auch nicht vorher wissen können oder gleich einen Kaiserschnitt machen sollen. Daher heute hier mein Beitrag – gegen Gewalt in der Geburtshilfe – für mehr Würde, weniger ungewollte Interventionen und eine gute 1:1 Betreuung!
Großen Dank an Motherbirth dass ich diesen Beitrag veröffentlich konnte. Das bedeutet mir wirklich sehr viel! Und natürlich danke an meinen Freund, der mir immer zuhört und in den letzten Tagen dauernd mit der Kleinen spazieren war, dass ich viel Zeit hatte mir das alles von der Seele zu schreiben.
Und jetzt habe ich aus ganz verschiedenen Gründen Tränen in den Augen! Einerseits vor Entsetzten und Traurigkeit, was dir widerfahren ist -weil es eben auch viele Parallelen zu meiner eigenen Geschichte gibt, aber andererseits auch wegen des herzlichen Dankeschöns von dir
*EURE MOTHER BIRTH*
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Erschreckend :(. Gut, dass ihr darüber schreibt.