Fahles Sonnenlicht des Morgens bricht vereinzelt durch das schon dichte Blattwerk der Trauerweide.
Ein imposanter, mächtiger Baum – einsam stehend auf einer weiten Wiese.
Die tief hängenden Äste und Blätter berühren sanft meine nackten Schultern und Arme.
Sie streicheln mich – umhüllen mich.
Geben mir Geborgenheit und Schutz.
Schutz vor dem anbrechenden Tag, dem gleißend hellen Licht, den Blicken der anderen, der Fülle und Vielfalt der Geräusche.
Im Zwielicht des Morgens steht kurz die Zeit still,
lässt mich innehalten und durchatmen –
schutzlos und nackt, wie ich bin.
Ich fahre die herabhängenden Zweige mit den Händen nach,
spüre die einzelnen Blätter zwischen meinen Fingern –
spüre ihre Lebenskraft, spüre das Wachstum, spüre die Zeit, die fortschreitet.
Ich schreite auch fort.
Einen Weg entlang – einen schmalen Pfad folgend.
Barfuß.
Langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen –
spüre die Unebenheiten, jeden Stein unter meinen nackten Sohlen.
Es ist wohltuend dieses Spüren – es ist die Lebendigkeit des Seins.
Nicht unangenehm.
Langsam und bedacht gehe ich meinen Weg – unbeirrt.
Immer voran.
Ich kenne das Ziel.
Eine Wiese mit hohem Gras – taubenetzt.
Ich spüre die Feuchtigkeit, die Kälte – wie sie an meinen nackten Beinen hinunterrinnt.
Es ist neblig geworden.
Die Sonne ist weg.
Vom Himmel fallen erst vereinzelte Regentropfen – dann immer mehr.
Sie prasseln auf mich nieder.
Bald bin ich durchnässt – glaube zu schwimmen.
Alles verschwimmt vor meinen Augen.
Tränen rinnen ungehindert meine Wangen hinab,
bilden ein Rinnsal zusammen mit dem Regen und dem Tau.
Ein Meer aus Wasser entsteht – ich tauche ein.
Tauche unter – fühle mich befreit.
Wasche alles ab.
Reinige mich.
Entsteige den Fluten, nackt wie ich gekommen bin und gehe der aufgehenden Sonne entgegen.
Lasse mich nieder –
werde selbst zu der Trauerweide.
Schlage Wurzeln, wachse, dehne mich aus und bilde eine Krone;
wiege mich im Wind.
Sicher verbunden mit der Erde –
erdverbunden.
Mit den Elementen verbunden.
Eins mit mir und der Schöpfung.
Ich bin das Leben.
*EURE MOTHER BIRTH*
Lest gerne dazu auch noch den Text: Gedichte: Herzschlag meiner Gefühlswelt – am Puls meiner Seele
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Dieser Text gehört zu einem geschlossenen Zyklus aus insgesamt 4 Gedichten, die aufeinanderfolgend zu verstehen und unter verschiedenen Fragestellungen entstanden sind:
- OSTEN ⋅ Feuer ⋅ Frühling – Sonnenaufgang – Intuition – Geburt – Spirituelles Selbst: Ich bin das Leben… – Gedanken zur Geburt und zum Gebären
- SÜDEN ⋅ Wasser ⋅ Sommer – Mittag – Gefühle – Kindheit – Emotionales Selbst: Ich bin eine Kämpferin – Grundzüge meines Seins
- WESTEN ⋅ Erde ⋅ Herbst – Sonnenuntergang – Sinnesempfindung – Erwachsenenalter – Physisches Selbst: Lebenszeit – zeitlebens
- NORDEN ⋅ Luft ⋅ Winter – Mitternacht – Intellekt – Tod – Geistiges Selbst: Innerer Frieden – angekommen im Selbst
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Welche wahrhaftige Worte: Ich BIN das Leben.
Wunderbar berührend.
Danke
Liebe Jobina,
du hast es vermutlich richtig erkannt. Der letzte Satz bringt den Kern des ganzen – meine eigentliche Erkenntnis! Danke, dass du mir das auch noch mal so deutlich bewusst machst!
Ein ganz wichtiger Satz, der sicherlich Eingang in meine Affirmationen findet.
Liebe Grüße
Mother Birth
<3
So schön. Gute Nacht.
Liebe Anita,
danke, danke aus vollem Herzen <3