Wie ich es geschafft habe, Frieden mit meinem Kaiserschnitt zu schließen

Aus gegebenen Anlass für eine ganz bestimmte Person, die mir am Herzen liegt. Denn der folgende Text hat mir damals sehr geholfen den ungeplanten Kaiserschnitt annehmen zu können. Ich habe die Zeilen immer wieder gelesen. Meistens verschwammen sie hinter einem Schleier aus Tränen. Tränen, die ich vergießen musste, um angemessen trauern zu können, aber auch Tränen, bei denen ich begriff, was für eine großartige Leistung auch dieser Kaiserschnitt war. Denn er ist nicht „der einfache Weg“, wie einige behaupten. Er kostet manchmal sogar mehr Kraft und Überwindung – zumindest trifft das auf mich zu.

Dieser Text soll für alle Kaiserschnittmütter sein, die sich keinen Kaiserschnitt wünschten und doch einen hatten und die sich mit dieser Geburtserfahrung versöhnen wollen. Mir hat dieser Text inneren Frieden geschenkt. Ich hoffe euch auch <3

Die Reise Inannas in die Unterwelt

Eine überlieferte Geschichte, ein Gleichnis, in dem ich mich selbst wiedergefunden habe…

„Inanna ist eine große Königin und die Himmelsgöttin. Von Gott der Unterwelt wird ihr das Baby entführt, ihre Tochter. Um ihr Kind zurück zu bekommen, muss Inanna die Reise in die Unterwelt antreten und den Gott der Unterwelt konfrontieren. Diese Reise führt sie durch sieben Tore. Bei jedem dieser Tore muss Inanna etwas von ihrem weltlichen Körper zurücklassen, um weitergehen zu können.

Das 1. Tor: Sie gibt die Krone, all ihren kostbaren Schmuck und damit auch all ihren weltlichen Status als Königin ab.

Beim 2. Tor werden ihr alle königlichen Kleider und die feine Unterwäsche weggenommen.

3. Tor: Sie gibt ihre Haare.

Das 4. Tor: Sie gibt ihre Haut.

5. Tor: Sie gibt ihre Muskeln her.

6. Tor: Sie gibt all ihre Organe.

Das 7. Tor: Sie gibt ihr übrig gebliebenes Skelett und sich selbst…

Damit hat sie ihren Eintritt in die Unterwelt erreicht und bezahlt und in diesem Augenblick sieht und hört sie ihr Kind wieder!

Durch ihre Selbstaufgabe und ihre Bereitschaft zur Hingabe hat sie die Prüfung bestanden, der Gott der Unterwelt hat seine Macht verloren und muss Inanna ihre Tochter zurückgeben. Zusammen mit ihren Kind steigt Inanna nun wieder Tor für Tor hinauf, in die menschliche Welt. An jedem Tor erhält sie ihre Opfergaben zurück, bis sie auf der Erde angekommen, wieder ganz erneut und gesund wiederhergestellt ist. Nur ihr kurzes Haar, das selber nachwachsen muss, erinnert noch eine Weile an ihre Reise. Nun ist sie wahre Königin und Göttin, denn sie ist einen Tod gestorben auf ihrer Reise in die Unterwelt. Den Tod der Wünsche des eigenen Selbst! Für das Leben ihres Kindes hat sie einen hohen Preis gezahlt, ihr eigenes Leben gegeben, doch sie ist wieder auferstanden.“*

*Meissner, Brigitte Renate: „Kaiserschnitt und Kaiserschnittmütter“, 2. Aufl., 2010, S. 37/38

Ich weiß nicht wie ihr dieses Geschichte lest. Wie ihr sie wahrnehmt. Wie ihr sie für euch adaptieren könnt. Oder ob ihr euch überhaupt in diesem Gleichnis wiederfindet. Ich habe mich wiedergefunden. Ich habe für mich erkannt, dass mein Kaiserschnitt eine ebensolche Hingabe war für mein Kind – vielleicht sogar eine größere, denn ich habe vieles aufgeben müssen: die Unversehrtheit meines Körpers, meine Selbstbestimmung und meinen Wunsch nach einer vaginalen Geburt. Ich war enttäuscht. Ja, aber die Erkenntnis, dass der Kaiserschnitt auch Hingabe bedeutet, gab mich die Chance zur Heilung dieses Geburtserlebnisses. Ich konnte Frieden schließen, auch wenn ich diesen Weg nicht unbedingt noch einmal gehen möchte. Denn er war für mich umso viel schwerer als meine zwei anderen Geburten.

Und denkt immer daran:

Das gilt auch für Kaiserschnitte. Dort vielleicht sogar besonders. Das sollten wir nie vergessen!

 

*EURE MOTHER BIRTH*

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5 Gedanken zu „Wie ich es geschafft habe, Frieden mit meinem Kaiserschnitt zu schließen

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  3. motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

    Liebe Cao,

    genau das meinte ich bzw, das wollte ich sagen <3
    Auch am Kaiserschnitt kann man wachsen. Vielleicht nicht so unmittelbar wie während einer vaginalen Geburt, sondern eher im Nachhinein.
    Aber dieses "Annehmen" bedeutet auch, dass man sein Herz weit machen kann und Selbstliebe zu lässt. Denn nichts anderes ist es: die Wertschätzung der eigenen Leistung, ohne Abwertung, ohne Scham, ohne Aber.
    Auf das kann wahnsinnig wertvoll sein. Leider treffe ich immer wieder Frauen, die diesen Schritt nicht schaffen zu gehen. Es scheint in ihnen eine innere Blockade zu geben, die es verhindert, dass sie sich vergeben können. Das tut mir im Herzen immer weh.

    Liebe Grüße
    Mother Birth

  4. Stef Antworten

    Ich danke Dir von ganzem Herzen!
    Für diesen Text und für Deine Begleitung!

    Trotz der sehr bewussten Entscheidung und dem Wissen, dass es im Nachhinein auch aus medizinischer Sicht die richtige Entscheidung war – Du weißt warum -, trifft mich die Trauer nun stärker als erwartet.
    Obwohl es diesmal gar nicht das Gefühl des Scheiterns ist, sondern eher der Verlust der Erfahrung verknüpft mit dem Wissen, sie auch nicht mehr machen zu dürfen/können.

    • motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

      Liebe Stef,

      es ist ein Abschied und Abschiede tun sehr oft weh. Du darfst weinen und trauern. Das ist ok und gehört auch dazu. Jetzt ist die Zeit zu trauern und zu weinen. Sich zu verabschieden. Irgendwann wirst du über den Verlust hinweggekommen sein und wirst die andere Erfahrung – dass dich dein Körper immer richtig „beraten“ hat – viel höher schätzen können.
      Ich sehe es jetzt schon. Du wirst es auch sehen können und dich an diesem Wunder erfreuen können.

      Liebe Grüße
      Mother Birth

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