Von der Ja-Sagerin zur Bestimmerin – mein langer Weg zur selbstbestimmten Geburt

Es war nicht immer so, dass ich ganz klare Vorstellungen hatte, wie meine Geburtserfahrung sein sollte. Ganz im Gegenteil: ich hatte gar keine Vorstellung davon und wollte:

…einfach mal alles auf mich zukommen lassen…

Im Rückblick betrachtet: mein größter Fehler!

Eine „gute“ Geburt kommt auf den Blickwinkel an…

Vor der ersten Geburt war ich der irrigen Meinung, dass ich doch nur blindlinks dem Fachpersonal (Ärzten und Hebammen) vertrauen musste, um eine gute Geburt erleben zu können. Dabei vergaß ich einen ganz entscheidenden Punkt. Ich übersah ihn – einfach so, obwohl er ganz klar auf der Hand liegt! Was Ärzte oder Kliniken unter einer „guten Geburt“ verstehen, ist nicht unbedingt dasselbe, was ich mir ausgemalt hatte. Ihnen reichte es, dass Mutter und Kind überlebten = gute Geburt. Meine körperlichen und seelischen Narben trage ich heute noch – ebenso wie mein Sohn. Als eine gute Geburtserfahrung würde ich diese erste Geburt nicht bezeichnen. Eher als Trauma, dass wir überlebten, aber nicht unbeschadet… Reicht das? Mir nicht! Aber wie kam es dazu? Warum habe ich es überhaupt zugelassen?

Meine Rolle: passiv abwartend – die „anderen“ regeln das schon für mich…

Ich habe die Verantwortung abgegeben. An andere. Selbstverantwortlich war ein Fremdwort für mich. ICH sollte die Verantwortung tragen für so eine große Sache, wie die Geburt meines Kindes? Nein, lieber nicht! Wer keine Verantwortung übernimmt, der kann auch keine Schuld tragen. Sicher ist sicher… Ja, so dachte ich mal. Ich erwartete, dass andere für mich entscheiden, dass andere mich entbinden – sowohl vom Kind als sich von meiner Verantwortung. Es schien mir der leichtere, sicherere Weg. Ich hatte doch als Erstgebärende keine Ahnung im Vergleich zu den Ärzten und Hebammen, die schon so viele Geburten betreut hatten. Die Kompetenz wähnte ich auf ihrer Seite – nicht auf meiner. Ich vertraute ihnen – mir mißtraute ich. Traute mir und meinem Körper nichts zu. Und wenn ich ehrlich sein soll: meinem Kind traute ich auch nicht. Ich glaubte tatsächlich, dass eine Geburt GELEITET werden muss. EinGELEITET. AnGELEITET. Begriffe wie:

  • instiktiv
  • selbstbestimmt
  • oder gebären

waren Galaxien entfernt von mir und meinen Glaubenssätzen, die darauf fußten, Ärzten und Krankenhäusern bedingungs- und grenzenloses Vertrauen entgegen zu bringen. Nicht kritisch hinterfragen, sondern einfach hinnehmen.

Die wissen schon, was sie tun und regeln das für mich.

Einfach zurücklegen und mich selbst von der Verantwortung entbinden mein Kind gebären zu müssen. Auch auf der körperlichen Ebene zeigte es sich deutlich: ich auf dem Gebärbett liegend, auf Anweisungen wartend und immer Ja sagend. Ich habe letztendlich das bekommen, was ich wollte: ich wurde entbunden von den Menschen, denen ich zuvor sie Macht dazu gab.

Im Außen gefangen

Ich war damals nicht bei mir selbst. Ich habe nicht meinen Weg gesucht und gefunden. Ich habe mich auf andere konzentriert anstatt auf mich. Ich dachte ich könnte Antworten im „Außen“ finden, aber dabei lagen sie in mir verborgen. Ich habe es nicht gesehen. War blind dafür. Ich brauchte die Stütze und Bestätigung von Außen, da ich nicht genügend Vertrauen in mich selbst besaß. All meine Aufmerksamkeit war nach außen gerichtet: auf Aussagen meiner Frauenärztin, auf Ultraschallbilder, auf Daten in meinem Mutterpass. Meinen Fokus nach innen zu richten, darauf kam ich nicht. Mein Bauchgefühl zu Rate zu ziehen, daran dachte ich nicht. Ich habe mir selbst die Kompetenz zum Gebären abgesprochen, noch bevor ich es überhaupt probiert hatte! Ich war der festen Überzeugung: ich benötige Hilfe. Und die kommt von außen. Andere Menschen müssen mir helfen zu entbinden, bei ihnen liegt die Kompetenz dazu. Ich habe keine Ahnung.

Ich will nicht…

In der Vorbereitung auf meine zweite Geburt, war ich schon deutlich weiter. Mir war klar, was ich auf gar keinen Fall mehr wollte. Trotzdem konnte ich damals noch nicht formulieren, was meine Wünsche eigentlich waren. Ich war immer noch zu sehr am „Außen“ orientiert – an meiner Hebamme oder eben am Hypnobirthingbuch. Ich suchte Anleitung und Halt. Orientierung. Kannte meinen ganz persönlichen Weg noch nicht. So ganz selbstständig entscheiden? Traute ich mich noch nicht. Sehr deutlich wurde es damals, als wir das Geburtsvorbereitungsgespräch führen sollten. Die Hebamme saß uns gegenüber und sah uns erwartungsvoll an. Und was wünschten wir uns nun? Ich hatte ehrlich gesagt keine Ahnung. Ich hatte keine Wünsche. Ich hatte Angst. Angst davor, dass sich die erste Geburtserfahrung wiederholen könnte. Alles in meinem Denken richtete sich darauf aus. Ich will nicht… war das Einzige was meine Gedanken damals beherrschte. Ich war gegen etwas, aber noch nicht bereit für etwas einzustehen. Für meine Wünsche einzustehen. Ich erlaubte sie mir noch nicht. So weit war ich nicht. Mein Glauben in meine ureigene Gebärkraft war noch so erschüttert von den Erlebnissen der ersten Geburt, dass ich ihr nicht wirklich trauen konnte oder vielleicht auch wollte… Ich wollte nicht enttäuscht werden. Weder von unerfüllten Wünschen, noch von mir selbst. Mir war nicht klar, dass ich mich selbst niemals enttäuschen kann, wenn ich für mich und meine Vision einer guten Geburt einstehe. Ich änderte die äußeren Parameter für die Geburt – ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber meine Geisteshaltung war immer noch in den Wirren den alten Glaubenssätze gefangen.

Ich bin eine Schöpferin! by Pixabay
Ich bin eine Schöpferin! by Pixabay

Der letzte Schritt

Nun habe ich in endlich getan! Ich erlaube mir, Wünsche zu haben. Ich erschaffe in meinen Kopf Bilder und Visionen meiner Traumgeburt. Ich genieße sie, ohne destruktive Gedanken im Hinterkopf, ohne Angst. Ich erlaube mir, sie zu haben und schrecke nicht mehr vor ihnen zurück. Ich gönne mir diese unbeschwerte Vorfreude. Koste sie in vollen Zügen aus. Nehme mein Schicksal selbst in die Hand, orientiere mich nicht mehr am „Außen“, richte meinen Blick nach Innen zu mir, arbeite an mir und mit mir. Ich weiß jetzt, dass ich die Kraft und die Macht habe ein Kind zu gebären. Ich kann es. Nun will ich auch aktive Entscheidungsträgerin sein! Ich will bestimmen. Ich will mit Bestimmtheit und Nachdruck formulieren, was meine Vorstellungen und Wünsche sind. Ich will Verantwortung übernehmen. Für mich und mein Kind. Ich bin überzeugt, dass ich mich selbstermächtigten kann. Ich brauche keine Erlaubnis von außen mehr. Alles ist in mir selbst vorhanden. Ich muss nur noch daraus schöpfen. Mein volles Potential ausschöpfen. Das tat ich nicht. Bis jetzt! Ich bin eine Schöpferin!

 

*EURE MOTHER BIRTH*

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11 Gedanken zu „Von der Ja-Sagerin zur Bestimmerin – mein langer Weg zur selbstbestimmten Geburt

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  3. Lara Antworten

    Mir ging es genauso, auch ich habe mir gesagt „einfach alles auf mich zukommen lassen“. Und ich muss sagen, es war gut und auch ein bisschen schlecht. Mir sind Pläne sehr wichtig und ich wusste, dass wenn ich mir etwas genau vorstelle und es anders kommt, dass ich dann sehr enttäuscht wäre. So war ich am Boden zerstört, als ein Kaiserschnitt im Raum stand. Das war einfach nicht mein Plan.

    Ich habe mir auch eine Liste mit Wünschen für die Geburt gemacht. Bei der Geburt habe ich einige der Punkte genannt und sonst hatte ich das Gefühl, dass sie mir in dem Moment nicht mehr wichtig erschienen. Vielleicht würde ich es jetzt anders machen, doch in dem Moment habe ich es halt anders gefühlt. Ich weiß es nicht, vielleicht hat die Hebamme teilweise nicht nach meinem Besten sondern „ihren Interessen“ gehandelt. Im Moment der Geburt, hat es mir aber sehr geholfen und ein Gefühl der Sicherheit gegeben, dass sie zu wissen schien, was zu tun war.

    Und wie dein Titel sagt, der lange Weg. Bei einer zweiten Geburt würde auch ich einiges anders machen, aber ich kann Vergangenes nicht rückgängig machen, nur annehmen und reflektieren. So wie du dies tast und deshalb steht deiner Traumgeburt nun wirklich nichts mehr im Weg. <3

    • motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

      Liebe Lara,

      ich plane meine Geburt nicht. Ich bin mir sehr bewusst, dass es ganz viele Faktoren gibt, die ich nicht voraussehen kann. Es Wendungen geben kann. Dafür bin ich offen. Ich will keinem engen Korsett eines Geburtsplanes folgen, das mir weder Raum noch Luft lässt, spontan neue Entscheidungen zu treffen. Ich möchte mich nicht mehr begrenzen, weder durch andere noch durch selbst geschmiedete Pläne, an die ich mich halten muss. Ich will frei sein. Spontan sein. Meinem Instinkt folgen können. Ich will einer VISION folgen, aber eben keinem Plan!!! Das ist ein wahnsinnig großer Unterschied.

      Wenn Pläne unvorhergesehen umgestoßen werden, ist man enttäuscht. Auch ich. Deshalb kommt ein Plan nicht in Frage. Was ich unter Vision verstehe ist viel mehr, dass ich mir selbst die Erlaubnis gebe, meine Traumgeburt zu visualisieren. Sie mir in all ihren Details vorzustellen. Es ist weniger wie Punkte auf einer Liste, die abzuhaken sind, als viel mehr eine Vorstellung, eine Art Traum, den ich täglich träume. Schon jetzt. Er verändert sich immer ein wenig. Mal kommt was hinzu. Mal verschwindet wieder etwas. Das ist ok. Nichts ist strikt festgelegt.
      Es geht ums Fühlen: „to be“ statt „to do“. Ich versuche in mich hineinzuspüren, was ich auf der Gefühlsebene erleben möchte. Wie will ich mich fühlen. In welchem Gefühlszustand möchte ich die Geburt erleben? Das ist der Kern meiner Geburtsvision. Also etwas ganz anderes als ein Geburtsplan 😉 …

      Liebe Grüße
      Mother Birth

      • Lara Antworten

        Das klingt gut! Und so wichtig, ja den Geburstsplan empfand ich dann nämlich auch irgendwie zwingend und nicht angemessen für die aktuelle Situation. Du machst das schon, folge deinem Gefühl und genau, sei einfach!

  4. sonnenshyn Antworten

    Ich finde es so wunderbar, wie du aus den beiden vorigen Geburten gelernt hast! Wahnsinn wie viel Kraft und Selbstsicherheit du nun hast.

    Die Geburt deines dritten Kindes KANN nur wunderschön werden, bei soviel positiver Energie. 🙂

    Sonnige Grüße.

    • motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

      Fehler sind ja auch dazu da, dass man aus ihnen lernen kann…. Das habe ich getan. Ich habe mich und mein Verhalten selbstkritisch hinterfragt – manchmal auch wirklich schonungslos (meint mein Mann zumindestens 😉 ).

      Ich wollte keinen Stillstand, ich wollte mich nicht lähmen lassen, sondern wollte das Gegenteil erreichen: aktiv werden. Ins Tun kommen. Mir gibt es viel Selbstsicherheit, wenn ich mir bewusst bin, dass ich aktiv eingreifen kann, nicht ausgeliefert bin, sondern selbstbestimmten kann. Und es mir natürlich auch selbst zu traue!

      Dieser Text zeigt den Kern meiner Veränderungen. Er ist irgendwie die Essenz von allem, was ich bisher geschrieben habe. Es ist aus meiner Sicht der wichtigste Text den ich bisher veröffentlicht habe. ich hoffe ich kann mit ihm viele Frauen inspirieren sich auf den Weg zu machen – auf den Weg zu einer selbstbestimmten Geburtserfahrung.

      Liebe Grüße
      Mother Birth

  5. HerzBauchWerk Antworten

    Oh ja du bist eine Schöpferin, und was für eine! Den Blick nach innen zu richten, in die Verbindung zu dir, deinem Körper und deinem Kind zu gehen ist was ganz wundervolles. Für mich die magischen Momente am SchwangerSein. Ich wünsche dir ein kraftvolles, transformierendes drittes Geburtserlebnis in tiefer Verbundenheit zu dir, deinem Körper und deinem Baby.
    HerzKnuddel Tanja

    • motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

      Liebe Tanja,

      das werde ich haben! In meinem Kopf gibt es diese Vision davon schon lange. Wesentlich länger als ich nun schon schwanger mit diesem Kind bin. Eigentlich formte sie sich schon recht zeitnah nach der Geburt von BusyBee.
      Sie ist gereift und nun bereit aufzublühen und Realität zu werden.

      Liebe Grüße
      Mother Birth

  6. frauwenske Antworten

    Meine liebe und teure Andrea,
    besser hätte auch ich nicht beschreiben können wie es mir bei meiner ersten Geburt erging, wie ich es zuließ und wie ich nun auf den Weg zu meiner zweiten Geburt im Wandel bin. Auch ich bin vom Passiven ins Aktive gewechselt, teile deine Gedanken und Wünsche. So freue ich mich für uns Beide, dass wir dieses mal in der Lage sind unsere Geburt selbst zu gestalten uns auszumalen und selbstbestimmt als Schopferinnen, dieser Welt, neues Leben schenken.

    Alles Liebe,
    deine Kathi

    • motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

      Liebe Kathi,

      du bist eine wundervolle Schöpferin <3 Lasse dich durch niemanden begrenzen, erlaube dir alle Visionen und Wünsche, die dein Herz verlangt. Vertraue dir und du sieht dein volles Potenzial, deine ganze schöpferische Gebärkraft erblühen!

      In ganz viel Liebe <3
      Andrea

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