VBAC für Dummies – #Gastbeitrag von Katharina (La Zia Tedesca)

…na gut, doofer Titel. Zu provokant.

Wie wäre:

Meine Erfahrungen aus dem VBAC – natürlich gebären in 5 Schritten?

Es gibt kein Patentrezept und keine Garantie… ABER!

Alles doof – klingt viel zu sehr nach Patentrezept. Das gibt es aber leider nicht… ob nach einem Kaiserschnitt eine natürliche Geburt gelingt, hängt von vielen Faktoren ab, zuallererst medizinischen. Dazu kann ich hier natürlich nicht viel sagen, außer dass es in der Regel nie schadet, wenn man seinem Gynäkologen vertraut, bei wichtigen Entscheidungen eine zweite Meinung einholt und sich bei der Informationsbeschaffung nicht unter Druck setzen lässt. Es gibt natürlich Fälle, in denen das alles nicht möglich ist und es um Leben und Tod geht – der Kaiserschnitt nach Plazentaablösung im 5. Monat am Urlaubsort, zum Beispiel. Darum soll es hier gar nicht gehen, ich erwähne es trotzdem, um daran zu erinnern, dass der medizinische Fortschritt eben auch Kaiserschnitte ermöglicht, die Mutter und Kind sonst die Gesundheit oder gar das Leben gekostet hätten. Auch dicke Frauen über 30 (wie ich) können getrost schwanger sein, ohne dass sie den Tod (ganz früher), einen Gebärmutterverlust (nicht so ganz früher) oder ein Geburtstrauma (auch heute) riskieren.

#PositiveGeburtskultur

Wenn Du diesen Artikel liest, hattest Du wahrscheinlich bereits einen oder mehrere Kaiserschnitte. Deine natürliche Gebärfähigkeit wurde Dir bereits abgesprochen, die Medizin rettete Dein Baby, zum Glück wurde rechtzeitig blablablubb…
Das ist mir auch passiert, und deshalb unterstütze ich den „Kampf“ dieses Blogs für eine #positiveGeburtskultur.

Mein Weg

Nun zu meinem Weg. Zwischen meinem Kaiserschnitt und meiner zweiten Schwangerschaft lagen 5 Jahre, in denen ich keinerlei Probleme mit der Kaiserschnittnarbe oder andere Eingriffe im Bauchraum hatte. Soviel kann man zu den medizinischen Voraussetzungen generalisieren: Ein Uterus, der nach einem Kaiserschnitt weitestgehend in Ruhe gelassen wurde und problemlos verheilte, ist eine gute Voraussetzung.

Als erstes befasste ich mich mit meiner Erwartungshaltung

Warum wollte ich nicht den bequemsten Weg und einen Terminkaiserschnitt, der einem ja durchaus angeboten wird, wenn man schon mal…sie wissen schon… quasi versagt hat?
Die Alltagsheldin brachte mich darauf, mir den Geburtsbericht schicken zu lassen. Ich brachte es nicht über mich, ihn eingehend zu lesen, zeigte ihn aber meiner Nachsorgehebamme, die mir bestätigte, dass nichts im Geburtsverlauf einer VBAC im Wege stehen sollte, sondern alles wahrscheinlich singuläre Ereignisse gewesen seien.

Als nächstes priorisierte ich meine Wünsche

  • Prio 1: Keine Vollnarkose (wie bei besagtem Kaiserschnitt).
  • Prio 2: Wenn ein erneuter Kaiserschnitt nötig sein sollte, dann so spät wie möglich.
  • Da ich aus der ersten Schwangerschaft und dem Notkaiserschnitt samt Vollnarkose ein beachtliches Schmerztrauma mitgenommen hatte, erschien mir er Wunsch nach einer medikamentenfreien Geburt kontraproduktiv und erhielt keine Prio.

Ich begann, mich einzulesen. Dieser und andere Blogs waren sehr informativ, ein Hypnobirthingbuch musste her, zahlreiche andere Mütter berichteten. Eine einzige war unter diesen ca. 15 Frauen mit vorangegeangenen Kaiserschnitten, die danach natürlich geboren hatte. Um mich nicht entmutigen zu lassen, konzentrierte ich mich auf Prio 1, die Vermeidung der Vollnarkose.

Dann begann ich mit dem Stärkungsprogramm

Der „hohe Gradstand“, der zum Kaiserschnitt geführt hatte, war laut meiner Hebamme vermutlich aus einer Kombi aus falscher Geburtsposition (die „Kotelett-Stellung“) und eventuellen inneren Fettpolstern entstanden. Ich begann also mit einem Yoga-für-Schwangere-Kurs, den ich fast täglich zu Hause durchturnte und ließ das Auto öfters stehen. Wenigstens an meiner Beweglichkeit konnte ich arbeiten, und dass mir unter der Geburt buchstäblich die Puste ausgeht, wollte ich auch nicht nochmal riskieren. Und ein bißchen fitter zu werden, schadet ja eigentlich nie 😉

Zusätzlich trainierte ich die aktive Entspannung. Dazu nutzte ich eine Playlist mit Naturgeräuschen zum Einschlafen und diverse geführte Meditationen. Die Ozeangeräusche funktionierten am besten (und störten meinen Mann am wenigsten), also schlief ich fortan nur noch zu rauschenden Wellen. Nach 2 Monaten klappte das so gut, dass ich schläfrig wurde, sobald ich die Playlist startete.
Die Übungen aus dem Hypnobirthingbuch fielen mir schwer. Ich fand jedoch ein Hörbuch zu Hypnobirthing (allerdings auf englisch), das ich fortan vor dem Ozean abspielte. Zusätzlich hatte ich diverse Listen mit positiven Affirmationen und auch dazu eine eigene Playlist.
Dieses körperliche und mentale Vorbereitungsprogramm ersetzten zwar den herkömmlichen Geburtsvorbereitungskurs, beanspruchten jedoch aus sehr viel Zeit, so dass ich leider nicht mehr zum Bügeln und Fernsehen kam.

Dann kam die Entscheidung für den Geburtsort

Eine Hausgeburt kam für mich nicht in Frage, ein Geburtshaus gab es in der Nähe nicht. Ich entschied mich für ein großes Klinikum, das gut erreichbar war, und in dem eine natürliche Geburt auch bei Beckendlagenbabies und Zwillingen wenigstens probiert wurde. Dann sollte ein VBAC doch auch kein Problem sein, hm? Ich löcherte die Ärztin bei der Anmeldung mit Fragen und bestand darauf, dass sie „WENN MÖGLICH KEINE VOLLNARKOSE“ auf meinen Aktendeckel schrieb. Sie stand dem Wunsch nach VBAC wohlwollend gegenüber und ich erhielt auch den PDA-Einwilligungsbogen zum Mitnehmen. Ein Riesenfehler bei der ersten Geburt war, dass dieser Bogen mir nicht vorab gegeben worden war (als Erstlingsmutter hatte ich ihn auch nicht vermisst) und wir dann versuchten, ihn unter der Geburt auszufüllen, was von meinem Muttermund unterbunden wurde („Schmeißen Sie das Papier weg, das sind ja schon 8cm !!“). Ich füllte den Bogen aus, brachte ihn aufdringlicherweise eine Woche nach Anmeldung in die Klinik, guckte zu, wie er in meine Akte gelegt wurde, packte eine Kopie ganz oben in den Klinikkoffer und eine weitere Kopie meinem Mann ins Portemonnaie. Das zumindest sollte nicht mehr zwischen mir und der PDA stehen!

PDA bitte!

Nachdem ich mit meinem Gyn, meiner Nachsorgehebamme, meiner erfolgreich natürlich gebärenden Schwester und der Ärztin im Krankenhaus gesprochen hatte, entschloss ich mich, so früh wie möglich, eine PDA setzen zu lassen, um mich auf die Atem und die Körperarbeit konzentrieren zu können, ohne von Schmerztriggern abgelenkt zu werden. Ich erzählte das fortan jedem, der auch nur peripher in die Geburt involviert sein könnte.

Einleiten – der Versuch ist es wert…

Als der errechnete Geburtstermin ereignislos vorüber war, bestätigte sich die Entscheidung für dieses Klinikum: in anderen Kliniken wird eine Überschreitung nach vorangegangenem Kaiserschnitt nämlich nicht gestattet und bei ET+1 operiert. Hier ließ man mir noch eine Woche. Man hätte mir auch noch eine weitere gelassen, aber das Fruchtwasser wurde knapp (was ich anhand des Ultraschallbildes erkennen konnte). Mir wurde die Entscheidung gelassen, eine Einleitung mit Gel (hier einzige Option nach Kaiserschnitt) zu versuchen oder am nächsten Morgen einen Terminkaiserschnitt zu bekommen. Ich wollte es probieren, obwohl ich bereits ziemlich sicher war, dass es auf einen Kaiserschnitt hinauslaufen würde, aber hey, Hauptsache keine Vollnarkose (siehe oben)! Ich konzentrierte mich also auf meine Entspannung, aufs Kräftesammeln, visualisierte Treppen, Regenbögen, Wolkenbetten, und vor allem den Moment, in dem ich mein Baby sehen würde – WACH! SOFORT! Egal, ob mit Kaiserschnitt oder ohne.

Dank meiner Hebamme <3

Es klappte tatsächlich. Ich bin mir jedoch ziemlich sicher, dass das der Verdienst der anwesenden Hebamme war. Wir hatten das Glück, Ihren kompletten Dienst mitzunehmen und es war nicht viel los. Sie hörte sich meine Geburtsvision:

„PDA sofort um Vollnarkose zu vermeiden und so lange wie möglich probieren bevor schneiden“

an und unterstützte mich voll und ganz. Wenn ich lauter tönte, bat sie meinen Mann, „den Ozean wieder anzumachen“ (die Playlist von oben dudelten wir auf dem Handy ab) und erinnerte mich an die Treppe zum Meer (mein bester Anker). Bevor ihr Dienst endete, ließ sie die PDA nochmal aufspritzen, damit „ja keiner auf dumme Gedanken kommt“. Ganz große Liebe an dieser Stelle!! Unsere Tochter kam schließlich 16 Stunden nach dem Gel, 10 Stunden nach der ersten Wehe natürlich zur Welt. Dafür nötig waren in chronologischer Reihenfolge: das wehenauslösende Gel, ein Einlauf, ein Paracetamoltropf, eine wehenhemmende Tablette (damit die PDA gelegt werden konnte), anderthalb PDAs, eine Sauerstoffmaske und drei Geburtsverletzungen (zwei innere Risse und ein äußerer). Außerdem insgesamt 3 Hebammen, 2 Anästhesisten und eine Gynäkologin, die am Ende auf meinem Bauch ehrumsprang.
Dafür war ich WACH! GANZ WACH! Und erinnere mich an alles!!! Ich sah und fühlte die Nabelspur, konnte mir das blutverschmierte Baby sofort anlegen, durfte frühstücken, als wir aus dem Kreißsaal rauswaren und am gleichen Abend duschen! Ich konnte selber aufs Klo gehen, mein Baby alleine zu den Untersuchungen schieben und Besuch empfangen! Auch die Geburtsverletzungen empfand ich als deutlich weniger schmerzhaft als die Kasierschnittnarbe, sie bedurften keinerlei Nachversorgung und waren nach 2-3 Wochen einfach weg.

MEINE Traumgeburt!

Wenn auch diese Geburt sehr weit weg von einer klassischen Traumgeburt war, war es meine eigene Traumgeburt, einfach weil es ganz weit weg vom Kaiserschnitt mit Vollnarkose war. Für jemanden, dessen Prio eine Geburt ohne Medikamente war, wäre diese vermutlich ein Albtraum gewesen. Aber: auch so eine Geburt nennt sich noch „natürlich und spontan“.

In bester Dieter-Bohlen-Manier:

Du kannst alles schaffen, wenn Du nur willst! Und wenn Du realistische Erwartungen an Dein Ziel und Dich selber hast. Sich gut zu informieren schadet nie. Und Yoga und positive Affirmationen erst recht nicht.


Liebe Katharina (La Zia Tedesca), ich danke dir für den informativen Bericht über deinen ganz persönlichen Weg zu einer erfolgreichen VBAC. Du zeigst, dass es niemals die eine „perfekte“ Geburt gibt, sondern dass es für die betreffende Frau passen muss. Dann kann man mit der entsprechenden Vorbereitung seine Traumgeburt erleben. Wie sie auch immer aussehen mag.

*EURE MOTHER BIRTH*

#Geburt #Kaiserschnitt #Sectio #Krankenhaus #Hebamme #PDA #VBAC #Affirmationen #Hypnobirthing #Entspannungstechniken

7 Gedanken zu „VBAC für Dummies – #Gastbeitrag von Katharina (La Zia Tedesca)

  1. motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

    Liebe Tamara,

    auch mir war es bei der VBAC am wichtigsten mein Kind sehen, berühren und stillen zu können. Beim Kaiserschnitt ist mein Sohn damals direkt auf die Neugeborenenintensiv verlegt worden. Und ich habe ihn fast 48 Stunden kaum gesehen und auch nicht stillen dürfen. Es war für mich emotionale Folter.
    Bei der Geburt meiner Tochter im Geburtshaus, war es ein überwältigendes Gefühl sie in den Armen halten zu können. Dieses Kuscheln – dieses Ankommen beobachten zu dürfen. Das wünsche ich dir, liebe Tamara, von Herzen auch <3

    Liebe Grüße
    Mother Birth

  2. Stef Antworten

    Der Bericht gibt mir hervorragende Ansätze für meine Überlegungen, denn diese Verteufelung von Interventionen nimmt einem so viele Möglichkeiten.
    Kannst du nochmal die englischen hypnobirthing playlist vorkramen, denn mit den deutschen komme ich auch nicht klar…
    Der Satz „du bist verantwortlich für deine Gesundheit und die deines Kindes“ krempelt mir die Zehnägel hoch, da ich Hellp hatte und nun ja, klar bin ich selbst Schuld, dass meine Leber hormonell bedingt versagt uvm. Danke auch.

    Ansonsten bin ich auch schon dabei ne Playlist zusammen zu stellen und meine Beleghebamme macht genau so wie wir es besprochen haben meinen Weg mit. Das zu wissen hilft auch schon!

    • motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

      Liebe Stef,

      sucht du noch andere Affirmationen, die besser zu dir passen? Hast du schon mal daran gedacht eigene zu formulieren? Das habe ich jetzt bei K3 gemacht und festgestellt, dass es mir viel besser tat als die Affirmationen aus dem Hypnobirthingbuch, weil sie zu allgemein waren und nicht speziell auf mich und meine Situation zugeschnitten waren. Ich kann es dir nur wärmstens ans Herz legen <3

      Mein Tipp an dich:
      mach dich frei von dem engen Korsett des Hypnobirthing und nutze es freier! Kreiere deine eigenen Mediationen, deine eigenen Bilder, deine eigenen Rückzugsorte. Sie sind so viel effektiver und stärker als etwas vorgefertigtes! Ich hab es getestet. Ich kenne jetzt den Unterschied und er ist immens!

      Falls du Fragen hast, kannst du dich auch gerne privat per e-mail an mich wenden: motherbirth@gmx.de

      Liebe Grüße
      Mother Birth

  3. tanjaliebl Antworten

    Danke für den Bericht! Er spiegelt wieder, was Realität ist: Die Traumgeburt kann viele verschiedene Gesichter haben. Ich finde es ist wirklich wichtig, dass Frauen unter der Geburt mitreden können und an Entscheidungen beteiligt sind. Das kommt für mich mit der Geschichte super zum Ausdruck!

    Liebe Grüße!

  4. Ines Antworten

    Großartig!
    Auch wenn das total blöd klingt, aber ich finde diesen Geburtsbericht einfach großartig!
    Vermutlich, weil er abweicht von den VBAC-Berichten, die ich bislang oft gesehen habe, bei denen es für die Frauen scheinbar am wichtigsten war, alles zu vermeiden, was ansatzweise den Namen Intervention tragen könnte. Damit will ich nicht sagen, dass das nicht seine Berechtigung hätte. Nur manchmal wirkte das gleichzeitig auf mich etwas verkrampft bzw. verkrampfte mich. Ich möchte mein Geburtserleben nicht davon abhängig machen, ob es „perfekt interventionsfrei“ ist oder nicht.

    Und so beeindruckt es mich, dass du so genau wusstest, was du willst, dich dafür eingesetzt hast und nicht beirren hast lassen und deine Geschichte mit uns teilst. Das ermutigt mich, genauer bei mir hinzuschauen und mich für das stark zu machen, was mir wichtig ist. Egal, was andere sagen.

    Vielen vielen Dank dafür! ❤

    • motherbirthblog Autor des BeitragsAntworten

      Liebe Ines,

      das klingt überhaupt nicht blöd! Ich finde den Geburtsbericht ebenfalls großartig 😉 …

      Ich denke, es kommt immer darauf an, was die betreffende Frau bei der ersten Geburt erlebt hat, um zu verstehen, warum sie etwas nicht möchte bzw. möchte. Ich z.B. wollte absolut keine Interventionen, da ich bei der ersten Geburt (VOR dem Kaiserschnitt) massive körperlich Gewalt unter der Geburt erfahren musste und deshalb keinerlei Berührungen ertragen habe. Alles an meiner Haut – selbst Stoff – ließ mich in Panik geraten.

      Es gibt kein Schema X nach dem sich Frauen auf eine BAC vorbereiten könnten. Es muss individuell geschehen. Zuerst muss man sich selbst bewusst werden, was man möchte. Da hilft es wenig zu schauen, was andere wollen, sondern muss sehen, was einem gut tut. Was einem wichtig ist.
      Das zeigt dieser Text sehr gut! Es gibt nicht nur einen Weg zur Traumgeburt, sondern ganz viele individuelle. Man muss sich nur trauen den eigenen Weg zu gehen.

      Liebe Grüße
      Mother Birth

Schreibe einen Kommentar zu motherbirthblog Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert